Die Psychologie der Konfliktentstehung: Die vermeintliche Kraft des Negativen in der Kommunikation

Kennst Du das? Da gibt es diesen einen Menschen, der immer sofort an die Decke geht, sobald du ihm einen guten Rat geben willst?
Für Dich fühlt es sich so an, als würde er Dir Deine Worte im Mund umdrehen und Dein gut gemeinter Ratschlag kommt bei ihm als Vorwurf an. Das könnte daran liegen, dass die scheinbare Kraft des Negativen auf Euch wirkt.

Psychologie Konfliktentstehung

Kommunikation – Ein Gedankenexperiment:

Stell Dir bitte vor, Du frühstückst mit Deinem Partner. Irgendwie kommt er Dir seit einiger Zeit ziemlich unzufrieden vor. Außerdem hat er im letzten Jahr einige Pfunde zugelegt. Du möchtest ihm gerne helfen und sagst: „Wenn du wieder etwas Sport treiben und mehr auf Deine Ernährung achten würdest, würde es Dir besser gehen.“

Teil zwei des Gedankenexperiments:

Versetze Dich bitte jetzt in die Rolle Deines Partners. Bekanntlich fühlst Du Dich seit einiger Zeit ziemlich unzufrieden, womit auch Deine Gewichtszunahme zusammenhängt. Du hast bemerkt, dass Dein Partner Dich seit einiger Zeit kritisch beobachtet. Und in diesem Zustand sagt er Dir diese Worte: „Wenn du wieder etwas Sport treiben und mehr auf Deine Ernährung achten würdest, würde es Dir besser gehen.“

Wie klingt das für Dich? Ist das Zuwendung oder Ablehnung? Ist das Kritik oder ein lieb gemeinter Rat? Hilft Dir das oder zieht Dich das runter? Wäre es nicht absolut nachvollziehbar, wenn Dein Partner Deine Worte so versteht: „Sag mal, hast Du zugenommen? Du gefällst mir nicht mehr.“

Dieses Gedankenexperiment zeigt, dass der Empfänger eine eigentlich positiv gemeinte Botschaft oftmals völlig falsch und sehr oft negativ versteht.

Warum mündet gut gemeinte Kommunikation im Konflikt? Warum hören wir trotz positiver Absicht das Negative?

Die Erfahrung, dass der Empfänger unseren Worten eine negative Botschaft entnimmt, machen wir Menschen leider fast alltäglich, aber woran liegt das?

Die Begründung dafür findet sich, wenn wir bis in die Steinzeit zurückgehen. Damals war die sensible Wahrnehmung von Gefahren überlebenswichtig. Die Urmenschen haben überlebt, weil sie sich auf das Negative fokussiert haben. Es war geradezu eine Gewinner-Strategie, hinter jedem Geräusch den Angriff eines Säbelzahntigers zu vermuten. Und das wirkt bis heute nach.

Es ist in uns angelegt, auf das Negative zu achten, somit negative Gedanken zu haben und diese in der Konsequenz davon auch auszusprechen.

Wir kannst Du diese Erkenntnis für Dein Leben nutzen? Wie gelingt Kommunikation?

In Krisensituation ist dieses Fokussieren auf das Negative auch heute noch kurzfristig von Vorteil, weil wir auf diese Weise Gefahren frühzeitig erkennen können. Für ein dauerhaft glückliches und harmonisches Zusammenleben allerdings, stellt diese ständige Alarmbereitschaft ein mächtiges Hindernis dar. Damit Harmonie und Vertrauen entstehen können, ist es erforderlich, Deine Gedanken klar auf das Positive zu fokussieren.

Die Erkenntnis über die scheinbare Kraft des Negativen unterstützt uns dabei, den Fokus auf das Positive zu richten. Und wenn wir erkennen, dass unsere Gedanken unbewusst auf die negative Seite einer Situation gerichtet sind, ergibt sich für uns die Möglichkeit, die Gedanken selbst zu steuern. Und somit der scheinbaren Kraft des Negativen die Kraft zu nehmen.

Also: zuerst ist wichtig zu erkennen, welche Gedanken wir haben. Erst anschließend können wir sie gezielt dahingehend steuern, das Positive eines Geschehens wahrzunehmen. Gemäß des buddhistischen Prinzips: „Die Gedanken sind ein guter Diener aber ein schlechter Herr“ steht es in unserer Macht, unsere Gedanken selbst zu steuern und somit auf das Positive eines Geschehens zu lenken.

Haben wir das erkannt, hilft zur Fokussierung auf das Positive auch, dass wir uns ganz bewusst auch in unseren Worten auf das Positive konzentrieren.

Lass uns dem Gedankenexperiment von oben noch einen dritten Teil hinzufügen:

Dein Partner beschwert sich darüber, dass Du ihn kritisierst. Du fühlst Dich missverstanden und hast insgeheim die Vermutung, dass er den Sinn Deiner Worte absichtlich verdreht, um einen Streit vom Zaun zu brechen. Warum kommt Dir das so vor?

Diesmal ist es Deine eigene urzeitliche Sensibilisierung für das Negative, diesmal bis Du es, die aufgrund einer falsch verstandenen Nachricht Angst vor einem Angriff hat. Und wenn Du auf diesen vermeintlichen Angriff mit einem weiteren Gegenangriff reagieren würdest, indem Du zum Beispiel sagst: „Immer verdrehst Du mir die Worte im Mund!“, dann zieht Euch die Kraft des Negativen in eine Abwärtsspirale des Streits.

Wenn Du Dir in dieser Situation aber bewusst machst, dass unsere Wahrnehmung des Negativen aus Sicherheitsgründen seit Urzeiten viel stärker ist als unsere Wahrnehmung des Positiven, bietet sich Dir ein Ausweg aus dieser Abwärtsspirale.

Wenn es Dir gelingt, die nur scheinbar vorhandene Kraft des Negativen nicht auf Dich wirken zu lassen, verlässt Du selber diese Abwärtsspirale und zeigst auch Deinem Partner den Lösungsweg.

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Text: Susanne Ruoff
Beitragsfoto: M.T ElGassier / Unsplash

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Susanne Ruoff arbeitet im Stuttgarter Großraum als Anwältin für Familienrecht / Erbrecht und Mediatorin. Dabei handelt sie gemäß ihrem Motto: "Miteinander reden anstatt zu streiten."

Durch ihre Arbeit erhält sie oft tiefe Einblicke in die menschliche Seele. Ihre Gedanken dazu teilt sie auf dem KYO-Blog.

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